Spannende Eindrücke gesammelt
Antonia Föhr aus Bad Mergentheim war als Jugendrotkreuz-Delegierte in Armenien
Das Rote Kreuz gehört für Antonia Föhr eigentlich seit sie denken kann dazu. Nun sammelte sie als Delegierte für das Jugendrotkreuz in Armenien spannende Eindrücke.
Bad Mergentheim. Die Begeisterung der Jugendlichen für das Rote Kreuz kommt wenig überraschend: Vater René Föhr gehört „schon immer“ zum festen Kern der DRK-Ortsgruppe. Zum Jugendrotkreuz (JRK) kam Antonia schon als sechsjährige, im vergangenen Jahr absolvierte die mittlerweile 16 Jährige den Gruppenleiterlehrgang.
Die junge Gruppenleiterin interessiert sich für alles, was mit dem Jugendrotkreuz zu tun hat, und so entdeckte sie beim Stöbern im Internet die Ausschreibung einer JRK-Begegnung für Jugendliche ab 16 Jahren in Armenien.
Armenien? Ziemlich weit weg. Und umgeben von anderen ziemlich weit weg gelegenen fremden Ländern: Georgien, Aserbaidschan, Iran, Türkei. Spannend. Sie leitete die Ausschreibung der JRK-Delegiertenreise an andere Gruppenleiter und Gruppenleiterinnen weiter. Keiner biss so richtig an, trotz Reisetermin in den Herbstferien.
Die Schülerin des Technischen Gymnasiums überlegte hin und her, brachte das Thema in der Familie zur Sprache. Eigentlich sei es doch gut, wenn junge Menschen auch einmal erleben, wie das Leben andernorts läuft, fand Vater René Föhr. Die jährlichen Begegnungen mit dem armenischen Jugendrotkreuz haben eine lange Tradition. Also: Keine Einwände gegen die Delegierten-Reise mit dem Jugendrotkreuz im DRK-Landesverband Baden-Württemberg.
Nur sieben Plätze standen zur Verfügung, und Antonia Föhr schickte ihre Bewerbung erst recht spät los. Sie hatte Glück und konnte mit. Etwas beklommen sah sie dem Flug entgegen, mit jeder Menge Vorfreude dagegen den Begegnungen, Besichtigungen, dem Fachaustausch über die ehrenamtliche Arbeit, den Workshops und Seminaren und besonders dem diesjährigen Fachthema „Mental Health“, denn sie interessiert sich schon länger ernsthaft fürs Thema Psychologie.
Herzlicher Empfang
Wie herzlich die Gruppe am Flugplatz in der Hauptstadt Jerewan empfangen wurde, wird sie nicht so leicht vergessen: „Die armenischen JRKler wollten sogar unsere Koffer tragen!“ Untergebracht wurden die acht jugendlichen Delegierten in einem Hotel und für ein paar Tage einzeln bei den Familien armenischer JRK-Mitglieder.
Echt spannend sei es gewesen, ein paar Tage mit der Familie ihrer armenischen JRK-Kollegin Osanna zu verbringen: „Sie wohnen zu fünft – die Oma wohnt auch da – in einer kleinen Wohnung in einem etwas heruntergekommenen Hochhaus. Auf den Fahrstuhl in den siebten Stock musste man lange warten,“ berichtet Antonia. Obwohl die Familie kein eigenes Auto hat, organisierte sie über Freunde unter anderem einen tollen Ausflug in die Berge. „Die Landschaft war einfach irre“, schwärmt die JRK-Delegierte; „und die Sonnenuntergänge – echt Wahnsinn.“ Begeistert haben sie die Aussichtspunkte, die Kirchen, in Jerewan die Kaskadentreppe, der Platz der Republik mit seinen abends tanzenden Fontänen.
Viele Extreme
Zu ihren Highlights gehören neben der gemeinsamen Busfahrt nach Gjumri auch kleine Abend-Exkursionen mit den Delegierten und den armenischen JRK-Partnern. Besonders abends, erinnert sie sich, gehöre die Stadt scheinbar den Hunden – Straßenhunden. Dass es in armenischen Familien traditioneller zugeht als in Deutschland, zeigte sich auch daran, dass Ossana immer recht früh nach Hause gehen musste.
Vieles sei irgendwie extrem in Armenien, berichtet Antonia Föhr. Die Kaufhäuser etwa: da sei vieles sehr teuer; wer günstiger einkaufen wolle oder müsse, finde das dann im Basar. Oder die Autos: einerseits sehe man viele „echte Rostlauben, oft ohne Kennzeichen – und dann neueste Schickimicki-Autos. Und obwohl viele im Land echt sparsam leben müssten, treffe man draußen niemanden in Jogginghosen, sondern in den Städten nur sehr gepflegte, schick gekleidete Menschen.
Intensive Arbeit
Bei gemeinsamen Unternehmungen mit den armenischen Partnern erlebte sie „Rotkreuzler mit Leib und Seele“ – und eine andere Art der Jugendarbeit: armenische Jugend-Rotkreuzler übernehmen beispielsweise Patenschaften für Senioren, engagieren sich bei der Unterstützung benachteiligter Kinder und auch in der HIV-Aufklärung. Antonia findet, dass das eine Menge Verantwortung ist, hatte aber auch den Eindruck, dass in Armenien striktere Regeln als im deutschen Jugendrotkreuz gelten, wo mehr Selbstverantwortung gefordert werde.
In Workshops und Seminaren setzten sich die Delegierten und ihre Gastgeber intensiv damit auseinander, wie sie nicht nur mit anderen Menschen in Krisensituationen, sondern auch mit sich selbst konstruktiv umgehen können. Wer hilft, muss auch auf die Selbstfürsorge achten. Zu den Seminar- und Workshopleitern gehörten auch Psychologen und Therapeuten. Gemeinsam mit einer Musiktherapeutin, malend, lauschend und redend gelang es in der schnell gewachsenen Vertrautheit in der bunten Gruppe armenischer und deutscher Jugend-Rotkreuzler, viel übereinander und sich selbst zu erfahren.
Jede Menge Denkanstöße, auch für die Gruppenarbeit, habe sie von der Delegiertenreise mitgenommen, berichtet Antonia Föhr. Und natürlich auch neue Freundschaften. Die Erfahrung im ganz neuen Umfeld mit ganz neuen Leuten möchte sie auf keinen Fall missen – und auch nicht die Erkenntnis, dass wir in Deutschland doch sehr verwöhnt leben.
Eines ist für Antonia auf jeden Fall klar: Sie wird auch nach ihrem Abitur, egal, für welchen beruflichen Weg sie sich entscheiden sollte, der Rotkreuzfamilie die Treue halten.