In Wittighausen lebt eine besondere Spürnase auf vier Pfoten
Die Arbeit mit ihrem Hund Baxter ist für Sabine Konrad mehr als nur Spiel und Bewegung für das Tier: Das Gespann ist das erste Mantrailer-Team des DRK Kreisverbands Bad Mergentheim.
Mit großen Freudensprüngen stürmt Baxter auf seine Besucher. Der Geruch der „neuen Menschen“ wird ganz genau aufgesogen. Ausgiebig lässt sich der schwarz-weiße Border Collie streicheln und herzen. Pure Begeisterung und Neugierde eben. Besitzerin Sabine Konrad ist glücklich: Die beiden haben vor wenigen Tagen erfolgreich die Prüfung als Mantrailer bestanden. Menschensuche kann künftig bei der Rettungshundestaffel des DRK-Kreisverbands Bad Mergentheim, die für den kompletten Main-Tauber-Kreis zuständig ist, nicht nur mit Flächensuchhunden, sondern mit einem eigens ausgebildeten Personensuchhund nun gezielt durchgeführt werden.
Wittighausen/Bad Mergentheim. „Damit haben wir erstmals in der Geschichte des Kreisverbands Bad Mergentheim ein Mantrailerteam“, freut sich der Bereitschaftsleiter der Rettungshundestaffel, Michael Morstatt. Das Gespann ergänzt nun die übrigen 13 Hunde und ihre Führer, die als Flächensuchhunde in der Staffel aktiv sind.
Rettungshundestaffel
Die Rettungshundestaffel des DRK-Kreisverbands Bad Mergentheim besteht derzeit aus 39 Mitgliedern. 13 Gespanne Hund-Mensch können kreisweit eingesetzt werden, darunter mit Sabine Konrad und Baxter das erste Mantrailer-Team. Dabei steht „Man“ für Mensch und „trail“ für verfolgen.
Voraussetzung für die Hunde ist ein offenes Wesen. Die Ausbildung zum Flächensuchhund dauert zwei bis drei Jahre, die zum Mantrailer rund vier bis fünf Jahre. Dabei muss die Prüfung alle zwei Jahre wiederholt werden. Die Spürnasen werden oft in schwierigem Gelände eingesetzt. Ein Hund ersetzt dabei etwa 100 Menschen.
Ein Mantrailer muss auch unter Ablenkung in der Lage sein, die richtige Person anhand des Geruchsbildes zu identifizieren. Er muss zeigen, wenn er die Spur verloren hat, sie plötzlich endet (Person ist in ein Transportmittel wie Bus oder Auto gestiegen) oder sich am Startpunkt gar keine Spur von der vermissten Person befindet. Ablenkungen wie Personenverkehr, andere Hunde oder Wild dürfen ihn nicht an der Erfüllung seiner Aufgabe hindern.
Flächensuchhunde eigenen sich für den Einsatz in unterschiedlichen Geländen. Obwohl sie bevorzugt in Waldgebieten zum Einsatz kommen, zählen auch Wiesenflächen und Felder zu den Einsatzgebieten. Durch regelmäßiges Training an verschiedenen Orten sind die Hunde dazu in der Lage, unabhängig von der Geländeform mit großer Ausdauer zu suchen. Weder dichter Bewuchs noch steil abfallendes Gelände stellen dabei ein Hindernis dar. Flächensuchhunde suchen ein vorgegebenes Suchgebiet bei Tag und Nacht gleich zuverlässig ab.
Informationen über die Rettungshundestaffel des DRK-Kreisverbands Bad Mergentheim gibt es unter www.drk-rettungshundestaffel-mgh.de im Internet. dib/rhs
Stolz ist man beim kompletten Kreisverband, mit Präsident Professor Thomas Haak an der Spitze. Die Arbeit mit dem Hund macht allen Spaß. „Es ist unheimlich sinnstiftend, jemandem helfen zu können, indem man einen Hund losschickt“, so die Mitglieder der Rettungshundestaffel über ihre Motivation.
Menschensuche beherrscht
„Für mich war schon früh klar, dass Baxter ein besonderer Spürhund ist und die Menschensuche beherrschen würde“, sagt Sabine Konrad. Bereits mit Hündin Aisha, die mittlerweile im Rentenalter ist, war die 39-Jährige hobbymäßig bei der Rettungshundestaffel aktiv. Mit Baxter hatte sie schon im Welpenalter die Ausbildung begonnen und rasch den Eignungstest abgelegt. Ursprünglich sollte der schwarz-weiße Rüde ebenfalls in der Sparte Flächensuchhund gehen. Doch gesundheitliche Probleme zwangen die Wittighäuserin zu einer Pause und schließlich zur Entscheidung, die individuelle Personensuche zu fokussieren.
Was ist der Unterschied beider Sparten? Jasmin Ambach, stellvertretende Kreisbereitschaftsleiterin, erklärt: „Während der Flächensuchhund Menschen allgemein aufspürt und dabei ohne Leine unterwegs ist, sucht der Mantrailing-Hund eine bestimmte Person. Er geht dabei an der langen Leine, denn meist werden Vermisste innerhalb von Orten gesucht.“ Was man aus Krimis kennt, wenn dem Vierbeiner klassisch ein Shirt oder eine Socke vor die Nase gehalten werden, trifft hier genau zu. Dabei reicht dem Tier eine sehr geringe, individuelle Geruchsprobe. Selbst wenn nur ein Autoschlüssel kurz in der Hand gehalten worden sei, könnte so über deren „Duftnote“ eine abgängige Person wiedergefunden werden. Im Einsatzfall, so Ambach, müsse der Hundeführer einen Geruchsgegenstand sichern, der sonst von niemand berührt wurde.
Wie gut Baxter seinen „Job“ kann, hat er bei der Prüfung vor wenigen Tagen im Raum Heidelberg bewiesen. Nach einer kurzen Findungsphase am Startpunkt, einer Kreuzung, nahm er spurgetreu, also ohne große Abweichungen, die Fährte auf. In rund der Hälfte der vorgegebenen 60 Minuten hatte er die „Versteckperson“, die den Gesuchten mimte, aufgespürt. „Ich war total geflasht von meinem Hund und der war mega-motiviert“, erinnert sich Sabine Konrad an die Prüfung. „Wahrscheinlich hat er nur seinen grünen Ball gesucht“, scherzt sie, die sichtlich stolz auf die Leistung ihres Helfers auf vier Pfoten ist. Für den Vierbeiner ist die Personensuche deshalb keine Arbeit, sondern nur viel Spaß und ein spannendes Versteckspiel. „Aber ein Spiel, das Menschenleben retten kann“, sagt Frauchen Sabine. Und die Belohnung ist danach garantiert.
Bis der nun fünfjährige Rüde die Prüfung zum Mantrailer ablegen konnte, brauchten er und seine Hundeführerin viel Ausdauer, Fleiß, jahrelange Übung und Durchhaltevermögen. Zwei bis dreimal je Woche ging es in die Strecke. Zu mehr als 600 Stunden Trainingszeit kommt noch theoretisches Wissen für die ehrenamtlichen Einsätze. „Die Ausbildung ist hart“, gibt die 39-Jährige zu bedenken. Denn der Hundeführer muss eine komplette Sanitätsausbildung vorweisen, braucht einen Funklehrgang, muss Karte und Kompass, die Erste-Hilfe am Hund und auch die Verhaltensgrundsätze beim Hundetransport beherrschen. Dafür dürfen die Tiere auch schon mal im Auto mit Martinshorn mitfahren, damit sie sich im Ernstfall nicht dadurch erschrecken.
Vielfältige Einsatzgebiete
Die gelernte Pferdewirtin Sabine Konrad ist mit Tieren aufgewachsen. Auf dem Pferdehof Konrad, den ihre Mutter Andrea in Unterwittighausen betreibt, ist sie regelmäßig anzutreffen. Und Border Collie Baxter sogar noch häufiger, weil er dort zu Besuch ist, wenn Frauchen auf der Arbeit ist.
Im Schnitt zweimal monatlich kommen die Rettungshunde des DRK-Kreisverbands Bad Mergentheim zum Einsatz. „Ob abgängige Senioren aus einer Pflegeeinrichtung, vermisste Personen nach einem Autounfall oder auch Betrunkene, die nach einer Feier nicht mehr den Weg nach Hause finden: Die Einsatzbereiche sind vielfältig“, berichten Ambach und Morstatt. Anfragen durch die Polizei werden ebenfalls umgesetzt. „Was wir aber nicht suchen, sind Verbrecher“, ziehen sie eine deutliche Linie. Bei einer individuellen Personensuche ist man nach einer Anforderung durch die jeweiligen Kreisverbände auch gebietsübergreifend aktiv, etwa im Raum Heidelberg, Mannheim, Ludwigsburg oder auch Schwäbisch Hall, sowie im angrenzenden bayerischen Raum.
Auf den ersten Einsatz ist Sabine Konrad richtig gespannt. Bis jetzt war Spürnase Baxter noch nicht offiziell an einer Suche beteiligt. So schnell will die Wittighäuserin das Können ihres Hundes nicht im Ernstfall testen. Der lässt sich lieber von den Besuchern nochmal ausgiebig kraulen.